NEUES BAYERN-BUCH
Wie Uli Hoeneß einen Flugzeugabsturz überlebte
Vier Passagiere waren an Bord, den Crash 1982 überlebte aber nur einer: Uli Hoeneß. Vielen erschien die Rettung damals wie ein Wunder. Was den Fußball-Manager vor dem Schlimmsten bewahrte, beschreibt Thomas Hüetlin in seinem jetzt erschienenen Buch über den FC Bayern.
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"Er sah fürchterlich aus, redete völlig unzusammenhängende Worte und stöhnte nur: 'Ich friere'", erinnert sich der Förster. Trotz der Dunkelheit und der derangierten Verfassung des Mannes erkannte ihn Karl-Heinz Deppe sofort: Es war Uli Hoeneß, der Manager des FC Bayern München. Der Förster zerrte den Verletzten in seinen Wagen, um sich auf dem schnellsten Wege ins Krankenhaus zu machen, blieb jedoch im Morast stecken. So lief er zu Fuß zum nächstgelegenen Dorf und wählte von einer Telefonzelle aus den Rettungsdienst. In der Notrufzentrale von Hannover war man bereits vorbereitet.
Eine aus München kommende Propellermaschine, gesteuert vom früheren Skirennläufer Wolfgang Junginger, hatte beim Anflug auf Hannover gegen viertel vor acht Schwierigkeiten gemeldet. Der Lotse hatte dem Piloten die Anweisung gegeben, nach Norden zu kurven und zu steigen. Danach war der Kontakt abgebrochen, und das Flugzeug war vom Radarschirm verschwunden; wenig später blinkten bei Polizei, Feuerwehr und Technischem Hilfswerk die Signallampen für Großalarm.
Gegen zehn Uhr wurde aus der Befürchtung Gewissheit: Die Piper-Seneca war abgestürzt. Die Trümmer lagen in einem Umkreis von hundert Meter verteilt; ein Propeller hing noch in einem zerrissenen Weidezaun, ein paar Schritte dahinter hatte sich das Cockpit etwa zur Hälfte in den feuchten Grund gebohrt; drei Leichen klemmten in den Sitzen: Junginger, sein Co-Pilot - ein 24-jähriger Student - und der Chef eines Münchner Verlages.
Bis ein Uhr morgens musste auch bei Uli Hoeneß mit dem Schlimmsten gerechnet werden. Paul Breitner und Karl-Heinz Rummenigge waren unmittelbar nach Abpfiff des Länderspiels im Niedersachsenstadion informiert worden und noch im Trainingsanzug ins zehn Kilometer entfernte Krankenhaus Hannover-Nordstadt geeilt. Drei Stunden vergingen. Breitner hockte in sich versunken im Wartezimmer, die Zigarette in seiner Hand glimmte vor sich hin, ohne dass er daran zog. Rummenigge weinte.
Aber der Freund überlebte. Er hatte sich gleich nach dem Start um Viertel nach sechs in den hinteren Teil des Flugzeugs zurückgezogen und war kurz darauf eingeschlafen. Das rettete ihm das Leben. Er erlitt nur leichte Frakturen an Oberarm und Knöchel und eine Gehirnerschütterung. Trotz der beruhigenden Kunde vom Arzt wachte Paul Breitner die ganze Nacht über am Krankenbett. Als Uli Hoeneß am nächsten Tag erwachte, fragte er: "Wie ist das Länderspiel ausgegangen?"
Am Sonntag darauf wurde Uli Hoeneß ins Klinikum Großhadern in München verlegt, und er erholte sich bald. In der Zwischenzeit besetzte Paul Breitner auch das Managerbüro beim FC Bayern. Wer ungebeten eintrat oder sich gar breit machen wollte, bekam es mit ihm zu tun. "Er hat sie alle weg gebissen", stellte Hoeneß fest, als er an einen aufgeräumten Schreibtisch zurückkehrte. "Diese Erlebnisse haben uns zusammengeschweißt." Aus der Zweck- und Schicksalsgemeinschaft war eine Freundschaft fürs Leben geworden.
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